Laurin wrote: ↑15.01.2023, 19:03
Die Auslagerung der Produktion ins Ausland und eine damit verbundene Deindustrialisierung sind sicher keine Lösung des Problems - das hat aber auch niemand gefordert.
Natürlich hat niemand eine Deindustriealisierung gefordert aber das könnte halt eine natürliche Folge der Deckelung des CO2-Ausstosses durch CO2-Budgets sein. Denn wenn es eine solche Deckelung nur in Europa gibt, warum sollte sich die Industrie dem unterwerfen, wenn das im Rest der Welt völlig unnötig ist?
Wobei ich das in einem anderen Zusammenhang benutzt habe: bei mir ging es um die Frage, ob ein CO2-Budget sinnvoll ist. Wenn wir Produkte, die wir importieren, dem CO2-Ausstoss des Landes zurechnen, in dem diese Güter produziert wurden, können wir halt unseren eigenen CO2-Ausstoss dadurch senken, indem wir einfach woanders produzieren. Das macht ein nationales CO2-Budget doch ein bisschen fragwürdig?
Ach so: und wenn wir mal Hermann mit ihrer "Kriegswirtschaft" nehmen, ist das zwar keine Forderung nach einer vollständigen Deindustrialisierung, aber nach einer teilweisen. Insofern gibt es schon Forderungen, die in diese Richtung gehen...
Laurin wrote: ↑15.01.2023, 19:03
Ich sehe bei einem Vorangehen Deutschlands bei erneuerbaren Technologien eher eine riesige Chance, solche Technologien dann auch zu exportieren (und damit uns wie auch anderen zu helfen). Das betrifft nicht nur Solar- und Windkrafttechnologie, sondern auch wasserstoffgetriebene Maschinen oder z.B. Verhüttungen, Speichertechnologien, den ganzen Mobilitäts- und Ernährungssektor, regenerative Heizanlagen bis hin zur einer Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft, bei der wir keinen Müll mehr exportieren, sondern entweder vermeiden oder wieder verwerten. Darin liegt insgesamt ein riesiges Potential, welches zu einer prosperierenden Wirtschaft statt zu einer Deindustrialisierung führen kann - wenn man es nicht, wie unter Merkel und Altmeier, wieder vergeigt.
Ja natürlich. Stimmt alles. Auch die Absätze, die dann folgen. Natürlich gibt es immense Chancen, wenn wir den Klimaschutz ernst nehmen. Nur geht es ja um die Frage, ob wir den CO2-Ausstoss durch ein CO2-Budget deckeln und diesen Deckel um alles in der Welt verteidigen, egal was der Rest der Welt macht und egal, was es uns kostet. Oder ob es genügt, wenn wir alles tun, um den CO2-Ausstoss so weit wie möglich zu senken, ohne uns dabei selbst zu ruinieren.
Das Gegenargument darauf ist jetzt natürlich, dass auch der Klimawandel kostet. Vermutlich werden die Kosten sogar immens sein und sogar Menschenleben einfordern. Vielleicht so schlimm, dass wir das alles nicht bewältigen können. Nur darauf ist die Antwort durchaus berechtigt, dass wir morgen in Europa Null Emissionen haben könnten und dies das Weltklima kaum beeinflussen würde. Denn die europäischen CO2-Emissionen liegen weltweit nur bei knapp über 5 Prozent. Eigentlich sollten alle Anstrengungen dahin gehen, dass wir weltweite Lösungen finden.
Was uns in Deutschland angeht: im Prinzip müssen wir den Klimawandel ernst nehmen und alles dransetzen neue Wege zu finden und neue Technologien zu entwickeln. Aber ohne dabei einen Bürgerkrieg vom Zaun zu brechen, ohne die AfD an die Macht zu bringen und ohne uns wirtschaftlich zu ruinieren. Denn wir haben nichts davon, wenn wir der Klimakatastrophe als wirtschaftlicher und politischer Zwerg gegenüberstehen.
Laurin wrote: ↑15.01.2023, 19:03
Für all das muss
Dampf gemacht werden, auch weil wir in der Vergangenheit schon viel zu viel Zeit verloren haben - und genau da sehe ich die Klimabewegung als treibende Kraft. Das Argumentieren mit CO²-Budgets greift mir persönlich etwas zu kurz, wichtiger wäre mir eine klarere strategische Ausrichtung für den Wechsel von fossilen zu regenerativen Energien - um nicht in eine unlustige Verzichtsdebatte zu laufen. Aber egal ob das verbleibende CO²-Budget nun willkürlich oder sinnvoll festgelegt ist, es ist halt ein Argument in der Debatte - aber eben auch nicht das einzige.
Das CO2-Budget ist aber eigentlich das wichtigste Argument in Lützerath. Denn erst durch das CO2-Budget können wir sagen, dass die Massnahmen für das Erreichen der Klimaziele nicht ausreichend sind. Abgesehen davon, dass ein solches Budget willkürlich ist, sind solche Budgets natürlich sehr nahe an der Verzichtsdebatte. Denn wenn es dann heisst, dass jeder Europäer nur noch 3 Tonnen CO2 emittieren darf, wie das Nico hier schon gemacht hat, ist das nur durch sehr starken Verzicht erreichbar. Nebenbei: dann hätten wir hier Bürgerkrieg, realistisch ist das also so wie so nicht.
Und es macht ja niemand in der Welt bei den CO2-Budgets mit. Das bedeutet, das wir hier bei uns immer mehr Dampf machen, den du ja gut findest, der uns aber auch ganz konkret sehr viel kostet, denn wenn niemand sonst dabei mitmacht, schränken wir uns immer mehr ein und die Vorteile im Rest der Welt zu produzieren steigen und steigen. Das ist kontraproduktiv, denn im direkten Vergleich stehen wir dann immer schlechter da. Wie lange machen das die Menschen hier mit?
Und es wird ja jedes Jahr schlimmer werden. Wir haben uns in Deutschland noch 22 Jahre gegeben, bis wir auf Null sein müssen! Wenn das jetzt irgendwo nicht ganz so planmässig läuft, wie z.B. durch den Krieg in der Ukraine, wird unser Druck in Europa immer höher, sonst aber nirgends auf der Welt.
Laurin wrote: ↑15.01.2023, 19:03
Und ja, auch das Autofahren sollte deutlich eingeschränkt werden.
Von mir aus können wir private Autos abschaffen. Aber ist das ohne Bürgerkrieg realistisch? Und vor allem: in den nächsten 22 Jahren?